Nach dem Vorbild der Wiener Philharmoniker
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- Veröffentlicht: Donnerstag, 07. Januar 2016 16:08
- Geschrieben von Ernst Mayer
Mutige Programmgestaltung und Komödiantisches beim Nördlinger Neujahrskonzert der Stadtkapelle
Als die Stadtkapelle Nördlingen bei ihrem Neujahrskonzert im Stadtsaal Klösterle mit dem Einzugsmarsch aus dem „Zigeunerbaron“ von Johann Strauß das Programm eröffnete, stellte Dirigent Armin Schneider damit bereits eines klar: Das Konzert zum Jahresbeginn wartete nach dem Vorbild des weltberühmten Neujahrskonzerts der Wiener Philharmoniker zu einem Großteil mit Werken von Johann Strauß und Zeitgenossen auf.
Natürlich unter ganz anderen Voraussetzungen, weshalb sich hierbei ein Vergleich zur objektiven Beurteilung der Leistungen der Stadtkapelle verbietet. Wenngleich es ganz schön mutig erscheint, den Zuhörern, denen der „Kaiserwalzer“ in der Interpretation des Münchner Chefdirigenten Mariss Jansons noch vom Vortag in den Ohren klingt, eine Blasmusikvariation anzubieten, die schon in Bezug auf die Instrumentation völlig andere Klangperspektiven aufweist. Das ist nicht uninteressant, setzt aber aufgrund der räumlichen Enge und der trockenen Akustik des Klösterlesaals der erforderlichen Differenzierung der Dynamik Grenzen, wie es auch bei der Abstufung der ruhigen, romantischen von den lebhaften Teilen der „Savojarden-Ouvertüre“ Jaques Offenbachs deutlich wurde.
Die rasante Polka „Leichtes Blut“ des Johann Strauß war allerdings ein absolutes Glanzstück des ersten Teils, mit dem eröffnenden Sektkorkenknall und einem präzisen Nachschlagspiel, beschwingten Melodieinstrumenten und engagierten Schlagzeugern. Dazu die charmant vorgetragenen Programmerläuterungen der Schwestern Annika und Kristin Häring, die mit „The Typewriter“ von Leroy Anderson ein „Solo für eine Schreibmaschine“ ankündigen durften, für das ihrer Meinung nach nur der etatmäßige Spaßmacher, Schlagzeuger Tobias Müller, in Frage kommen konnte.
Begeistert nahm das Publikum dieses originelle Musikstück auf und den starken komödiantischen Auftritt: „Klick, klick, -ding“ beim Zeilenwechsel im passenden Rhythmus. In die Pause wurden die Zuhörer mit dem temperamentvollen Paso doble „El Cartero“ geleitet, tänzerisch schwungvoll, dem Rhythmus des traditionellen spanischen Stierkampfs nachempfunden. Mit einem weiteren Konzertmarsch, dem „Einzug der Gladiatoren“ von Julius Fucik kehrten alle wieder zurück zu einer „Suite from Carmen“, mit Melodien aus der Oper „Carmen“ von George Bizet. Hierbei hatten verschiedene Solisten Gelegenheit ihr herausragendes Können zu zeigen, Blechbläser, Holzbläser, Fagott und Oboe und das Schlagwerk, bis alle mit „vollem Rohr“ und gesteigertem Tempo einen furiosen Schluss setzten. „Belle Bocca“, eine Polka francaise, von Emile Waldteufel, erinnerte an frühere Balleröffnungen im ehemaligen Nördlinger Stadtsaal „Deutsches Haus“ und die Filmmusik „Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten“ an die legendären Kinosäle der Stadt.
Bevor das kurzweilige Konzert mit dem melancholisch romantischen „Capriccio Italien“ von Peter Tschaikowsky zu Ende ging, heizte eine lustige Einlage der Tubisten Bernd Meyer und Simon Hähnlein die Stimmung im Saal noch kräftig mit einem tollen Tubaduett an, dem „Tuba Tiger Rag“, und mit ihrem Auftritt als geheimnisvolle, sonnenbebrillte Pokerfaces: „Where’s that Tiger?“ - „Wo ist sie?“ - die Gewinnerkarte.
Mit dem vielseitigen Programm und dem „Radetzky-Marsch“ als Zugabe war der Gewinner des Abends, vor allem mit dem begeisterten Beifall des vollen Saales, die Stadtkapelle Nördlingen mit ihrem Leiter Armin Schneider.