Sinfonische und rockige Jubiläumsgaben

25 Jahre Stadtkapelle Nördlingen. Warum inzwischen ohne Perücke gespielt wird

Es war die Idee des Knabenkapellenleiters Georg Winkler, die bestens ausgebildeten und konzerterfahrenen ausscheidenden Mitglieder der Knabenkapelle in einer Stadtkapelle zusammenzufassen. Die Gelegenheit dazu ergab sich im Jahr 1990, als 20 junge Männer die Knabenkapelle aus Altersgründen verließen und den Grundstock für das neue Orchester bildeten. Seither vergingen 25 Jahre, bis am vergangenen Samstag das Jubiläumskonzert mit fast 80 Musikern stattfand.

 

Die seit der Gründung vor 25 Jahren teilnehmenden Musikanten wurden für ihre langjährige Treue von den Vertretern des Allgäu-Schwäbischen-Musikbundes, und Oberbürgermeister Faul geehrt (von links): Romana Jaumann (Saxophon), Andreas Baumann (Trompete), Harald Gehring (Flöte), Jürgen Seiler (Flügelhorn), Gernot Steger (Posaune), Armin Schneider (Trompete, seit 2014 Dirigent), Georg Winkler (Dirigent 1990-2005, Saxophon).

 


Wuchtig und klangvoll begann es mit dem Marsch „Die Sonne geht auf“ von Rudi Fischer, eine Gelegenheit, um mit allen Registern zu glänzen, die Klarinetten mit vielfältigen Motiven, die Tenorhörner und Baritone mit voluminösen Phrasen, die Trompeten und die Posaunen mit schmetternden Signalen. Mit einem engagierten Schlagzeugerteam kündigte die Stadtkapelle hierbei bereits zu Anfang ein überdurchschnittliches Spielniveau an und setzte es in anderen Genres fort.

Ein festlicher Beitrag aus der sinfonischen Musik sollte die „Ouvertüre“ der Oper „Die diebische Elster“ von Gioacchino Rossini sein. Die von solistischen Flöten, Oboen, Piccolo, Klarinetten musikalisch dargestellte Geschichte des Bauernmädchens Ninetta, das für einen Diebstahl der Elster sterben sollte, verlangte eine exakte rhythmische Orchesterbegleitung.

Dieses für ein Blasorchester auf höchster Stufe einzuschätzende Werk war ein mutiger, weithin gelungener Ausflug in die Opernwelt, ebenso wie mit der für Blasmusik schwer übertragbaren Klaviersuite „Bilder einer Ausstellung“ des Modest Mussorgsky als ein Abstecher in die sinfonische Musik. Denn die musikalische Illustrierung der Bilder des mit dem Komponisten befreundeten Architekten Viktor Hartmann verlangte eine sehr differenzierte dynamische Gestaltung, die Orchesterleiter Armin Schneider durchaus im Griff hatte, dank seiner exakten Schlagtechnik und der unspektakulären Anweisungen.

Wildwestromantik bezauberte das Publikum mit Jacob de Haans Vertonung einer Bahnfahrt mit der Northern Pacific Railroad durch „Oregon“, eine Reise durch eine faszinierende Welt in der Zeit, als Wagentrecks, Goldgräber und Cowboys in den Westen Amerikas zogen. Es gelang hier alle Klischees der Westernfilme, die reitenden Revolverhelden mit wechselnden Rhythmen und die Weite der Prärie mit ausschweifenden Melodien, darzustellen.

Mit dem Marsch „Hochheidecksburg“ kamen die Liebhaber der traditionellen Marschmusik ebenso zu ihrem Recht wie die Freunde der stimmungsvollen volkstümlichen Melodien, bevor eine Reihe toller Film- und Musicalmusik die weitere Stärke der Stadtkapelle als große Bigband aufzeigten.

Die Soundtracks für James Fargo’s „Herr der Karawane“ unterstrichen die Atmosphäre der Wüstenlandschaft ebenso wie Klaus Doldingers Musik in Wolfgang Petersens Kriegsfilm „Das Boot“ die Spannung des U-Boot-Kriegs mit interessantem geisterhaft wirkenden Beginn und einer dramatischen Steigerung von angstvoller Stille, Angriff und Flucht.

Ein tolles Tanzthema mit hämmerndem Takt und stark groovende, von punktiertem Rhythmus angepeitschte Rockmusik des Musicals „Tanz der Vampire“ faszinierten das Publikum ebenso wie der Sound der Jazzmusik in dem Jazzstandard „Sing, sing, sing!“ von Louis Pirna, das durch einen legendären Auftritt Benny Goodmans in der New Yorker Carnegie-Hall einer der bekanntesten Swing-Titel wurde, – von Tobias Müller mit einem Schlagzeugsolo super garniert.

Als symphonischer Rock wurde das besonders publikumswirksame Schlussstück „Music“ von den beiden sympathischen Moderatorinnen Kristin und Annika Häring angekündigt, mit einem tollen Klarinettensolo und fetzigem Rhythmus. Die mit großem Beifall überschüttete Zugabe war der Auftritt der „Jungen Stadtkapelle“, die für die erstaunlich klare Intonation und das harmonische Zusammenspiel viel Beifall einheimste.

 

 

 

 

 

 

 

Blauer Uniformrock, rote Westen, graue Hosen und schwarzer Hut mit Perücke wurden bei Gründung der Stadtkapelle als Uniform gewählt. Bald schon aber wurde die Perücke als unbequemer Ohrenwärmer abgelegt.